FOTO: MICHAEL BONVALOT
Die Übernahme der ÖVP durch Sebastian Kurz und seinen Kreis war dabei generalstabsmäßig geplant, wie das „Projekt Ballhausplatz“ zeigt. Besonders aufschlussreich ist, welche politische Ausrichtung die Kurz-Fraktion bereits damals vornehmen wollte. So heißt es im Papier „Grundlinien Wahlprogramm“, die Politik der ÖVP solle künftig lauten: „FPÖ-Themen, aber mit Zukunftsfokus“.
Die aktuelle Themensetzung jedenfalls folgt genau dem FPÖ-Themen-Drehbuch. Beim Wahlkampfauftakt der ÖVP etwa ist Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel einer der Vorredner von Kurz. Die großen politischen Fragen unserer Zeit? Die Klimakrise? Fehlanzeige! Laut Blümel „Mindestsicherung und politischer Islam“.
Also einerseits die soziale Absicherung für die ärmsten Schichten der Gesellschaft, die ÖVP und FPÖ ohnehin erst im Frühjahr dramatisch gekürzt haben. Und andererseits die ewige Islam-Leier. Auch im Wahlkampf plakatiert die ÖVP: „Weil Migration konsequentes Handeln braucht“. Am Wiener Gürtel, einer Hauptverkehrsstraße der Bundeshauptstadt, hat jemand dazu geschrieben: „Mehr Tote im Mittelmeer“.
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Warum die ÖVP auf solche Themen setzt? Offensichtlich schlichte Machtpolitik. Als im Dezember 2016 der grüne Alexander Van der Bellen nach einer unendlichen Geschichte österreichischer Bundespräsident wurde, wurden die Ergebnisse in der ÖVP sehr genau analysiert.
Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer – inzwischen Parteichef der FPÖ – hatte fast 50 Prozent der Stimmen bekommen. Es war das bei Weitem beste Ergebnis für eine extrem rechte Partei in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg. Falls es der ÖVP gelingen würde, einen großen Teil dieser Stimmen hinter sich zu versammeln – und gleichzeitig jene ÖVP-WählerInnen zu halten, die Van der Bellen gewählt hatten –, wäre eine substantielle rechte Mehrheit mit der ÖVP an der Spitze möglich.
Die Folge: Die ÖVP vollzog mit Kurz an der Spitze einen strategischen Ruck nach Rechts. Kurz wurde als Strache 2.0 positioniert. Ein neuer Führer, ebenfalls stramm rechts, aber etwas frischer, ohne den miefigen Stallgeruch der Burschenschaften und ohne diese permanenten Neonazi-Skandale, die als Einzelfälle verharmlost werden. Kurz gesagt: Rechts 2019 statt Rechts 1939.
Deshalb wollen FPÖ-WählerInnen Strache und Schwarz-Blau zurück
Genau seinen Mann hat offenbar Prediger Fitzgerald in Sebastian Kurz gefunden. Wenn der nicht gerade in der Stadthalle für Sebastian Kurz betet, behauptet er unter anderem, dass Muslime die Strategie hätten, Europa „anderen Religionen wegzunehmen“. Das sind die klassischen Sprüche der extremen Rechten. Er, Fitzgerald, wolle dagegen „das Schwert in die Schlacht“ führen. So spricht der Mann, der Gebete für Sebastian Kurz organisiert.
Kann die Strategie aufgehen? Ja, solange geflüchtete Menschen als Sündenböcke im Mittelpunkt des politischen Geschehens stehen. Doch wenn die Klimakrise und die vielen ungelösten sozialen Probleme verstärkt in den Fokus rücken, könnten Kurz und die Wirtschaftspartei ÖVP sehr schnell ein echtes Problem bekommen. Vermutlich werden dann auch Gebete nicht mehr helfen.
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