Ein Rechter verfolgt mich nach einem Identitären-Aufmarsch

Nach einem Mini-Aufmarsch der neofaschistischen Gruppe Identitäre ist mir ein extremer Rechter gefolgt. Insgesamt ist er knapp 1,5 Stunden hinter mir her. Offenbar wollte er herausfinden, was ich tue und wo ich wohne. Warum und wie gefährlich das ist.

Am Sonntag, dem 11. November, hatte ich von einem Mini-Aufmarsch der Identitären vor dem Bundeskanzleramt berichtet. Nach dem Ende bemerkte ich, dass mir ein Typ auf dem Fahrrad folgt. Er war mir bereits beim Aufmarsch mit Provokationen aufgefallen.

Ich habe dann vor der Oper begonnen, ihn zu filmen. Dabei ist diese völlig absurde Situation entstanden. Er posiert mit White Power Zeichen und macht irgendwelche Dinge. Ich kann euch leider auch nicht erklären, was.

Danach ist mir der Typ über Kärntner Straße und Stephansplatz zur Judengasse beim Schwedenplatz nachgegangen. Quer durch die gesamte Wiener Innenstadt. Mal auffällig, mal schlecht versteckt. Für mich war das vor allem absurd – es ändert nichts an der potentiellen Bedrohung.

KollegInnen berichten mir, dass der Typ auch sie nach rechten Aufmärsche bereits verfolgt hätte. Eine solche Verfolgung durch extreme Rechte kann mehrere Funktionen haben: Einschüchterung, Bedrohung und Informationsgewinn, etwa Verhaltensmuster und vor allem die Wohnadresse.

Das hat in diesem Fall nicht funktioniert, ich habe den Typen stattdessen auf eine Schnitzeljagd durch Wien mitgenommen, dafür gesorgt, dass er antifaschistische Denkmäler kennenlernt … und mit dem Rad sehr viel bergauf fahren muss. Ich bin zuerst zum Denkmal für die Gestapo-Opfer am Morzinplatz, antifaschistischer Bildungsauftrag. Dort hat sich der deutsche Held zwischen den Mistkübeln versteckt.

Ich bin dann bewusst auf Öffis umgestiegen. Zuerst mit der Straßenbahn vom Morzinplatz zum Schottentor und dann zum Volkstheater. Der Typ auf dem Fahrrad hinterher. Ich hab mir eine Linie ausgesucht, wo es aufwärtsgeht. Zeitweise wirkte der Kamerad schon etwas müde …

Danach bin ich in die Buslinie Richtung Steinhofgründe umgestiegen. Für Nicht-WienerInnen: Die geht fast die ganze Zeit bergauf. Zu dem Zeitpunkt gab der Kamerad jede Pseudo-Tarnung auf. Immer wieder nahm er sein Licht in die Hand und blinkte mich durchs Busfenster an.

Rund acht Kilometer quer durch Wien

Höhe S-Bahn Ottakring gab er dann auf, vermutlich ist ihm die Puste ausgegangen. Davor war er mir rund acht Kilometer quer durch Wien gefolgt. Meine Fahrt ging übrigens Richtung Steinhof-Gründe, dort steht ein weiteres wichtiges antifaschistisches Mahnmal, die Gedenkstätte Steinhof. Hier ist ein Mahnmal für die rund 7500 Menschen, die im Krankenhaus Am Steinhof von Nazis ermordet wurden.

Das klingt alles absurd, für mich war es das auch. Wir sollten aber die tatsächliche Gefahr, die von so etwas ausgehen kann, nicht übersehen. Warum wollen Rechtsextreme private Informationen über JournalistInnen? Warum wollen sie ihre Privatadressen herausfinden?

Wie gefährlich das sein kann

Die Gefahr, die von so etwas potentiell ausgehen könnte, darf nicht unterschätzt werden. In den 1990ern wurden JournalistInnen, AktivistInnen und Menschen aus Minderheiten Opfer von faschistischen Bombenanschlägen. Vier Menschen aus der Roma-Minderheit starben.

Es ist offensichtlich, dass kritische journalistische Berichterstattung eingeschüchtert werden soll. Erste rechte Provokationen haben übrigens bereits beim Aufmarsch begonnen, wo Identitären-Gesicht Sellner etwa anordnete, dass ich mit Schirmen abgeblockt werde.

Die Angriffe überraschen mich nicht: Meine Recherchen sind der extremen Rechten seit Jahren ein Dorn im Auge. Aktuell versucht Sellner auch, mich juristisch einzuschüchtern, Anfang September hat er eine Klage gegen mich eingereicht.

Identitären-Sprachrohr Sellner klagt mich

In eigener Sache: Hier könnt ihr meine Recherchen, meine Arbeit und meine juristische Auseinandersetzung unterstützen: https://www.bonvalot.net/support/

Ich kann das alles gut nehmen – doch das kann nicht der Ausgangspunkt der Diskussion sein. JournalistInnen müssen ihre Arbeit machen können, ohne dass ihnen extreme Rechte 1,5 Stunden quer durch Wien folgen und versuchen, sie auszuspionieren.

Extreme Rechte greifen mich stellvertretend heraus. Doch real ist das eine Botschaft an alle JournalistInnen und an alle, die kritisch über die extreme Rechte berichten. Die Antwort ist klar: Noch mehr Recherche, noch mehr Information, noch mehr Aufklärung. Und nie wieder Faschismus!

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