Einer der vorübergehend Verhafteten ist Alexander Schleyer, Kapitän der Identitären-Bootes „C-Star“ und ehemaliger Marinesoldat aus Bonn. Schleyer lebt inzwischen in Wien und war zwischen April 2016 und März 2017 sogar im österreichischen Parlament beschäftigt – als Mitarbeiter des FPÖ-Abgeordneten Christian Höbart.
Schleyer wurde in Österreich bereits im August 2016 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Damals wurden Postings diskutiert, die er auf Facebook geschrieben hatte. Er sprach darin unter anderem von „Eselsfickerkulturen“; ein Viertel, in dem vor allem MuslimInnen wohnen, wollte er „ausräuchern“. Die FPÖ kündigte nach dem Skandal an, das Dienstverhältnis mit Schleyer umgehend zu beenden. Erst im März 2017 war es dann aber nach einer parlamentarischen Nachfrage der Grünen tatsächlich soweit.
Laut dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) hatte Schleyer bereits vor seiner Beschäftigung bei der FPÖ Kontakte zur sogenannten Identitären Bewegung. Diese sollen dann aber offiziell eingestellt worden sein, um die Anstellung nicht zu gefährden. Besonders glaubwürdig wäre eine komplette Distanzierung aber ohnehin nicht gewesen. Laut DÖW ist Schleyer Mitglied der Wiener Burschenschaft Corps Hansea, die enge Verbindungen zu den Identitären unterhält. In der Vergangenheit fiel die Hansea unter anderem durch Drohungen gegen Antifaschistinnen („Linke Weiber ausknocken“) auf.
Dass der Kapitän des IB-Schiffes ein deutscher Migrant in Wien ist, sollte nicht weiter verwundern. Denn die deutschsprachige Identitäre Bewegung hat ihren Schwerpunkt in Österreich, hier lebt ein relevanter Teil der wichtigsten Kader, Wien war der erste Stützpunkt der Gruppe in der D-A-CH-Region.
Auch weitere Österreicher könnten Teil der Crew sein. So deuten Bilder in sozialen Netzwerken darauf hin, dass auch die beiden „Leiter“ der rassistischen Identitären Bewegung Österreich, Martin Sellner und Patrick Lenart, an der Aktion beteiligt sind.
Burschenschaften im Hintergrund
So wie Schleyer sind auch Sellner und Lenart Burschenschafter, der vierte im Bunde wäre in diesem Fall der FPÖ-Abgeordnete und Arbeitgeber Höbart, ebenfalls ein „Korporierter“. Das ist kein Zufall. Große Teile des Kaderpersonals der FPÖ kommen aus den deutschnationalen Burschenschaften, gleichzeitig ist dort auch der außerparlamentarische Rechtsextremismus gut vertreten. Die Burschenschaften bilden eine ideologische Klammer, bieten Aufstiegschancen und stellen einen legalen und durch die FPÖ geschützten Rahmen.
In jüngster Zeit verlagert die rassistische Identitäre Bewegung ihre Aktionen stärker von Österreich nach Deutschland. Der Wiener Jugendarbeiter und Soziologe Jerome Trebing, der intensiv zu den völkischen Nationalisten recherchiert, berichtet: „Bei allen maßgeblichen Aktionen in Deutschland sind Kader aus Österreich dabei. Gruppen wie die Kontrakultur Halle sind nach österreichischem Vorbild aufgebaut.“
Gleichzeitig stagnieren die rechtsradikalen Identitären in Österreich aber insgesamt zunehmend, meint Trebing: „Vor allem in Wien ist wenig von der IB zu sehen. Neue Gruppen werden eher im ländlichen Raum aufgebaut.“ 2014, 2015 und 2016 organisierte die IB im Frühjahr auch noch jeweils Aufmärsche in Wien, die in jedem Jahr von starken Protesten begleitet waren.
Im Juni 2017 wurde der zentrale Aufmarsch erstmals in Berlin durchgeführt. Als Grund wurden unter anderem die vergangenen Proteste in Wien genannt. Einzig in Graz, der zweitgrößten Stadt des Landes, wurde Anfang Juli ein kleiner Aufmarsch durchgeführt. Mit rund 50 TeilnehmerInnen setzte es dabei eine herbe Niederlage für die völkisch-nationalistische Identitäre Bewegung.