Das MUMOK hat das Problem Rechtsextremismus nicht verstanden

Am 14.06. sollten im Wiener Museum moderner Kunst (Mumok) zwei bekannte Rechtsextreme auftreten. Die Veranstaltung ist nach Protesten abgesagt, doch die Begründung ist mehr als seltsam.

„Markt der Ideologie“ heißt die Veranstaltungsreihe, die die Gruppe „Wiener Achse“ im Kinosaal des MUMOK abhält. Im Rahmen dieser Reihe sollten am 14. Juni Martin Sellner und Marc Jongen auftreten. Sellner ist der aktuelle Führer der neofaschistischen „Identitären Bewegung“ in Österreich, Jongen wird von der renommierten deutschen „Zeit“ als der „philosophische Kopf“ der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) bezeichnet.

Die Wiener Achse bezieht für ihre Veranstaltungen auch öffentliche Gelder, ihre Projekte werden unter anderem anderem vom Bundeskanzleramt, von Wien Kultur und vom ORF Radioprogramm Ö1 gesponsert.

Am Freitag wurden schließlich mehrere Postings in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Die Pressesprecherin des Mumok, Karin Bellmann, sagt, dass sie erst zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal von der Zusammensetzung des Podiums erfahren hätte. In Folge löste der geplante Auftritt von Sellner und Jongen breite Proteste in den sozialen Medien aus. Nach dem Aufmarsch der IB am Samstag  entstand eine eigene Facebook-Seite, die gegen die Veranstaltung im Mumok protestierte.

Das Mumok stellte sich zuerst stumm. Auf der Facebook Seite „Keine Identitären im Mumok“ wird ein Statement des Museums zitiert: „Die Diskussion wird als Fremdveranstaltung von der Gruppe wienerachse.org durchgeführt. Das mumok ist daran nicht beteiligt. Wir müssen daher in Bezug auf inhaltliche und organisatorische Fragen an wienerachse verweisen.“ Auch „Wiener Achse“ meldete sich mit einem Statement und verwies dabei darauf, dass Fragen erst am Tag nach der geplanten Veranstaltung beantwortet würden.

Gleichzeitig wurde die Kritik immer lauter, auch KünstlerInnen meldeten sich zu Wort und schrieben, dass sie nicht in der gleichen Veranstaltungsreihe auftreten würden wie die Rechtsextremen. Sonntag Nacht reagierte das Museum schließlich mit der Absage der Veranstaltung.

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„Angstfreier Austausch“ für Rechtsextreme

Das Statement, das das Mumok dazu veröffentlichte, löste allerdings wiederum starke Kritik aus. Wörtlich heißt es darin: „Bei Veranstaltungen, an denen Vertreterinnen und Vertreter von extremen politischen Gruppierungen teilnehmen, ist – wie aktuelle Ereignisse zeigen – mit Störaktionen zu rechnen. Ausschreitungen und die Anwendung von Gewalt können nicht ausgeschlossen werden. Das Museum kann nicht als Bühne für extreme politische Agitation und deren unkontrollierbare Folgen zur Verfügung stehen. Es verfügt auch nicht über die Einrichtungen, um für eine solche Fremdveranstaltung die erforderlichen Sicherheiten für die Personen und die zahlreichen Kunstwerke zu bieten.“

Weiters wird im Statement des Mumok eine Stellungnahme der Wiener Achse zitiert, die bedauert, „dass das Gespräch, als erstes seiner Art im öffentlichen Raum, aufgrund angedrohter Gewalt nicht stattfinden kann. Es war als Seismograph in einer Demokratie und ihrer aktuellen politischen Entwicklung angedacht, komplementär zu den diversen künstlerischen Diskursen, welche das Format WAT in der Vergangenheit angestoßen hat. Die Intention der Wiener Achse (…)  ist es, einen Raum zu bieten, in dem ein angstfreier Austausch stattfinden kann.“

Was ein angstfreier Austausch mit rechtsextremen Kadern bedeutet und ob die Angstfreiheit auch beispielsweise von der IB bedrohte Flüchtlinge aus dem Audimax oder Frauen aus dem Grazer Frauenhaus  umfasst,  bleibt in diesem Statement offen.

Auffallend ist in der Stellungnahme auch, dass dort fast ausschließlich auf die Frage von möglichen Störaktionen eingegangen wird. Die politische Problematik des geplanten Auftritts wird mit keinem Wort erwähnt.

Das Problem wird nicht benannt

Auf Nachfrage gibt das Museum mir gegenüber ein weiteres Statement ab. Allgemein wird gesagt, dass die „Vermeidung parteipolitischer und ideologischer Vereinnahmung“ eine wichtige Aufgabe des Museums sei. „Politischen Kräften und Ideologien, die diese Aufgabe des Museums in Frage stellen oder für Ihre eigenen Zielsetzungen propagandistisch zu Nutzen versuchen, kann das Museum keinen Raum geben“, so das Mumok weiter. Auch Pressesprecherin Karin Bellmann sagt, dass „das Museum nicht als Bühne für extreme politische Agitation und deren unkontrollierbare Folgen zur Verfügung stehen“ möchte. Jede Erwähnung des politischen Charakters der Eingeladenen wird tunlichst vermieden und stattdessen ein allgemeiner antipolitischer Diskurs bedient.

Und obwohl im mündlichen Gespräch mehrmals darauf hingewiesen wird, dass das Mumok nicht für die Stellungnahme der Wiener Achse verantwortlich sei, geht das schriftliche Statement des Museums nun genau in die gleiche Richtung wie jenes der Achse: „Für eine öffentliche Einrichtung wie das mumok ist es ein zentrales Anliegen den offenen und angstfreien Meinungsaustausch zu gewährleisten, dies scheint im vorliegenden Fall allerdings gefährdet gewesen zu sein.“

Wiederum also die Argumentation der Angstfreiheit. Ergänzt wird sie hier allerdings durch ein Zitat von Rainer Fuchs, dem stellvertretenden Direktor des Mumok: „Angstfreier Austausch besteht auch darin, populistische Propaganda zu verhindern, die mit ihrer Rhetorik versucht, Teile der Öffentlichkeit einzuschüchtern.“ Dieses Zitat wurde allerdings erst auf meine Nachfrage in einem Gespräch mit Fuchs eingefügt. Und auch hier wird die Benennung des Problems vermieden und statt von Rechtsextremismus pauschal von „Populismus“ geschrieben.

Insgesamt bleibt das Museum vage, obwohl Pressesprecherin Bellmann betont, dass eine solche Veranstaltung künftig im Museum nicht mehr stattfinden könne. Das zugrunde liegende Problem allerdings hat das Mumok offensichtlich immer noch nicht verstanden.

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