Tausende Corona-LeugnerInnen und extreme Rechte sind in Wien aufmarschiert

Der Bericht und die Bilder zum heutigen Aufmarsch in Wien: Corona-LeugnerInnen, Rechtsextreme, Neonazis, NeofaschistInnen, antisemitische Verschwörungstheorien – und als ihre Sammelpartei die FPÖ.

Das war das Bild, das sich am Samstagnachmittag in Wien bot. Bereits für 13 Uhr hatten einschlägig bekannte rechte Verschwörungsideologen wie Martin Rutter zu einem Aufmarsch beim Wiener Heldenplatz aufgerufen. Er rief dabei explizit auch zum Marsch gegen die „Globalistenbrut“ auf – eine Losung, die wortident die neofaschistische Gruppe „Identitäre“ verwendet. Zwei Stunden später mobilisierte dann die FPÖ zu einer Kundgebung im Prater.

Die Polizei hatte im Vorfeld einen Großteil der Aufmärsche untersagt. Dennoch konnten die Corona-LeugnerInnen wie bereits in den letzten Wochen weitgehend unbehelligt vom Heldenplatz abmarschieren. Dabei überrannten sie unter anderem eine Sperrkette der Polizei neben dem Kunsthistorischen Museum. Diese war allerdings nur mit einer Handvoll BeamtInnen abgesichert – obwohl von vornherein davon auszugehen war, dass die Corona-LeugnerInnen wie bereits bei früheren Aufmärschen versuchen würden, ihren Marsch durchzusetzen.

Zwar zogen martialisch auf der Babenberger Straße mehrere Reihen gut ausgerüstete Polizei auf. Doch gleichzeitig wurde die Elisabethstraße, eine strategisch zentrale Straße nur wenige Meter näher zum Heldenplatz, von gerade einmal rund fünf PolizistInnen gesichert.

Schon als ich das zum ersten Mal sah, sagte ich zu meiner Begleitung, dass hier wohl durchgebrochen werden würde. Wenige Minuten später ist genau das passiert. Jede Person, die die Gegend kennt, konnte die Bedeutung dieser Straße im Vorfeld erkennen. Und die Polizei macht Vorplanungen und hat zur Überwachung der Gesamtsituation Hubschrauber im Einsatz.

Die Polizei lässt den Aufmarsch marschieren

Auf einem Livestream ist zu sehen, dass unmittelbar nach dem Durchbruch weitere PolizistInnen eintrafen: Ein knappes Dutzend BeamtInnen der Sondereinheit „Einsatzeinheit“, alle ausgerüstet mit Helm und kompletter Schutzausrüstung. Das Video zeigt auch, wie einer der Polizisten sein Pfefferspray zwar in die Hand nimmt, aber dann einfach wieder einsteckt.

Wer sich dagegen den rechten MarschiererInnen nur wenige Meter weiter trotz Eigengefährdung und körperlichen Angriffen entschlossen entgegenstellte: Eine Gruppe von antifaschistischen Linken, die versuchen, mit ihren Fahrrädern die Straße zu blockieren. Hier habe ich für euch aufgeschrieben, warum die Polizei die rechtsdominierten Aufmärsche toleriert und was das mit den politischen Interessen der ÖVP zu tun hat.

Warum die Polizei die rechten Corona-Aufmärsche toleriert

Eindeutig rechtsextrem

Bereits zu Beginn des Aufmarsches wurde der einschlägige Charakter der Versammlung deutlich. So wurden etwa deutlich sichtbar Fahnen und Symbole der antisemitischen Verschwörungstheorie Qanon im Zug geführt, die neofaschistische Gruppe Identitäre (bzw. ihre Tagungsgruppe Österreicher) war mit zwei großen Bannern vertreten, immer wieder wurden Ausgaben der rechtsextremen und FPÖ-nahen Zeitung Wochenblick verteilt.

Sogar Fahnen in den alten deutschen Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot wurden im Zug mitgeführt. Dazu weitere klassische rechte Verschwörungstheorien wie die Losung der „New World Order“ (NWO) oder Behauptungen einer P_l_andemie.

Auch ein Mann mit einem Schild mit Davidstern und der Aufschrift „Nicht Geimpft“ marschierte im Zug mit. Damit wird offensichtlich die antisemitische Verfolgung von Jüdinnen und Juden mit Impfungen gleichgesetzt.

Auffallend waren auch die zahlreichen christlichen Symbole, die verschiedene TeilnehmerInnen mit sich führten.

Die Rechten und Corona-LeugnerInnen konnten nach ihrem Durchbruch weitgehend ungehindert Richtung Prater marschieren. Vorneweg teilweise einschlägig bekannte extrem rechte Hooligans. An verschiedenen Stellen versuchten allerdings rund 150 bis 200 antifaschistische Linke auf Fahrrädern, den Aufmarsch zu blockieren oder zumindest zu behindern.

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Im Prater zeigte sich dann, dass die FPÖ inzwischen eindeutig zum politischen Sprachrohr der Corona-VerharmloserInnen geworden ist. Hier wurde nicht einmal mehr versucht, die politische Schlagseite hinter dem Thema Corona zu verstecken. Stattdessen organisierte die rechte Partei die Kundgebung gleich selbst. Als Hauptredner trat dort FPÖ-Klubobmann und Ex-Innenminister Herbert Kickl auf – neben der Bühne zeitweise ein großes Banner der neofaschistischen Gruppe Identitäre mit der Aufschrift „Kurz wegkickln“. Die NeofaschistInnen haben sich also offenbar endgültig in den Dienst der FPÖ begeben.

Rechte Angriffe

Am Rand der Kundgebung kam es währenddessen immer wieder zu Aggressionen. So konnte ich selbst beobachten, wie eine Gruppe von Rechten versuchte, AntifaschistInnen zu attackieren. Hier musste sogar die Hundestaffel der Polizei einschreiten, um die Rechten zurückzutreiben.

Auch mehrere Foto-JournalistInnen wurden erneut angegriffen, geschlagen und getreten. Betroffene sprechen mir gegenüber inzwischen von mindestens drei verschiedenen Attacken. Auch ich selbst wurde mehrmals bedroht. Als ich mich diesbezüglich einmal an einem Polizisten wandte, erklärte mir dieser, ich solle eben „die Füße in die Hand nehmen“.

Auf der Kundgebung der FPÖ zeigte sich dann allerdings, dass FPÖ-Kickl für die Mehrheit der TeilnehmerInnen offenbar eher wie ein unfreiwilliger Rausschmeißer wirkte. Während seiner Rede verließ ein Großteil der TeilnehmerInnen die Jesuitenwiese, an deren Rand die FPÖ ihre kleine Bühne aufgebaut hatte. Unter diesen Personen war auch Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Wie der Großteil der anwesenden Personen trug auch er keine Maske.

Im Anschluss sammelten sich allerdings viele TeilnehmerInnen des rechten Aufmarschs erneut und zogen über verschiedene Routen Richtung Schwedenplatz und Innere Stadt. Dabei wurden wieder Sperren der Polizei überrannt. Gut zu sehen ist auf dem folgenden Video, wie organisiert das teils passiert.

Zuerst sammelt sich eine Gruppe, mutmaßlich der Kleidung nach rechtes Fußballmilieu – und dann brechen die Rechten organisiert und auf Kommando durch. Rechts vorne in weißer Jacke ebenfalls gut zu erkennen ist dabei der Identitären-Nachwuchskader Jakob Gunacker, Sprecher ihrer Tarnorganisation „Die Österreicher“. Mit Handzeichen motiviert er weiter hinten Stehende, nach vorn zu kommen.

Erst gegen 18 Uhr griff die Polizei schließlich ein. Beim Donaukanal auf Höhe Schottenring wurden die letzten rund 300 bis 400 Marschierenden von der Polizei eingekesselt, die Polizei kündigte für alle anwesenden Personen Anzeigen an.

Dennoch bleibt als Resümee des Tages, dass wiederum trotz Untersagung tausende Corona-LeugnerInnen und extreme Rechte ungehindert durch Wien marschieren konnten. Der Großteil von ihnen trug keine Masken, auch Mindestabstände wurden durchgehend nicht eingehalten. Stellen wir uns einmal vor, das wären linke AktivistInnen gewesen, die eine Demo trotz vorheriger polizeilicher Untersagung durchsetzen wollten.

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