Auch in diesem Jahr gibt es wieder Proteste gegen das Treffen der rechten Studentenverbindungen. Wir erzählen euch, was heuer passieren soll.
[Erstveröffentlichung: Vice] Am Freitag findet in der Wiener Hofburg der Akademikerball der deutschnationalen Burschenschaften statt. Auch in diesem Jahr gibt es wieder Proteste gegen das Treffen der rechten Studentenverbindungen. Wir erzählen euch, was heuer passieren soll.Die Burschenschaften laden am Freitag bereits ab 17:00 Uhr zu einem Galadinner in die Räume der Hofburg. Der Ball selbst beginnt offiziell um 21:00 Uhr. Die meisten Burschenschafter dürften wie schon in den vergangenen Jahren geschlossen anreisen, etwa mit Taxikonvois oder Bussen. Ein beliebter Treffpunkt der Burschen vor dem Ball war bisher immer die „Bude“ des Akademischen Turnbunds auf der Mölkerbastei bei der Uni Wien. Diese Bude ist somit genau gegenüber dem Treffpunkt der antifaschistischen Demo.
Die internationale Note bringt heuer eine Abordnung der ungarischen neofaschistischen Jobbik-Partei, die laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) zum Ball eingeladen wurde. Erst am 15. Jänner hat Jobbik in Wien durch eine Kundgebung auf sich aufmerksam gemacht, bei der auch Markus Ripfl, Mitglied der Burschenschaft Olympia und Obmann des Rings freiheitlicher Studenten Wien, anwesend war. Ebenfalls mutmaßlich am Ball teilnehmen soll laut DÖW Tatjana Festerling, eine zentrale Aktivistin von Pegida Dresden.
Bereits in den vergangenen Jahren war der Ball ein Vernetzungstreffen der rechtsextremen Szene. Anwesend waren etwa die Vorsitzenden des französischen Front National, Jean Marie und Marine Le Pen, der damalige Fraktionsvorsitzende des belgischen Vlaams Belang, Filip Dewinter, der Vorsitzende von ProNRW, Markus Beisicht oder Kent Ekeroth, Parlamentsabgeordneter für die Schwedendemokraten.
Die „Vorsitzende Burschenschaft“ im Wiener Korporationsring der Burschenschaften ist heuer die akademische Burschenschaft Libertas. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands hat ein Dossier zur Libertas und ihren rechtsextremen Verbindungen zusammengestellt.
Der politische Einfluss der Burschenschaften ist ungebrochen. Stoppt die Rechten hat im September 2015 zusammengefasst, welche Entscheidungsträger der FPÖ auch Mitglieder rechtsextremer Burschenschaften sind. Demnach ist allein 18 der 40 FPÖ-MandatarInnen im Nationalrat Verbindungsmitglieder, beginnend mit Heinz-Christian Strache, der sich in der Vergangenheit selbst bekanntlich als „neuer Jude“ stilisierte.
Die Polizei hat wie schon in den vergangenen Jahren ein umfangreiches Platzverbot verhängt. Das Platzverbot gilt ab 16:00 Uhr, danach dürfen gemäß Verordnung der Polizei nur noch Blaulicht-Organisationen, Magistratsbedienstete, AnrainerInnen, Ballbesucher und -personal sowie Medienleute die Sperrzone betreten. Bei Missachtung droht die Polizei eine Geldstrafe von bis zu 500 Euro an. Die Polizei gibt an, dass 2800 BeamtInnen im Einsatz sein werden, davon 2000 aus Wien, der Rest aus allen Bundesländern.
Die Sperrzone wurde im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich verändert. Aus Richtung der Uni Wien und des Burgtheaters wurde die Sperrzone verkleinert. Im Gegensatz dazu wurde sie Richtung Schwarzenbergplatz deutlich ausgeweitet und reicht jetzt bis zum Stadtpark. Das deutet auch auf ein verändertes Konzept der Polizei hin, die versuchen dürfte, die Burschenschafter vor allem aus dieser Richtung über den Ring zur Hofburg zu schleusen. Christoph Pölzl von der Pressestelle der Polizei Wien will dazu auf Nachfrage nicht Stellung nehmen und sagt, es stünde jedem Ballbesucher frei, aus welcher Richtung er kommt.
In diesem Jahr ist außerdem eine Groß-Demonstration angemeldet. Verantwortlich dafür die ist Offensive gegen Rechts (OGR). Die OGR ist ein linkes Bündnis aus rund 50 Organisationen. Der Bogen reicht dabei von den Jugendorganisationen der SPÖ über einzelne Gewerkschaften bis zu kommunistischen und trotzkistischen Organisationen. Die Jungen Grünen rufen ebenfalls zur Kundgebung der OGR auf. Die Hauptlosungen der Demo sind: „Nie wieder Faschismus—nie wieder FPÖ! Flüchtlinge bleiben—Burschenschafter vertreiben! Umverteilung von oben nach unten!“ Die Demo der OGR beginnt um 17:00 Uhr vor der Uni Wien, die Route soll laut OGR die Burschenschafter umzingeln und führt um die Sperrzone. Die Polizei will den Heldenplatz mit Tretgittern trennen.
Das Bündnis „Jetzt Zeichen setzen“ organisiert eine Kundgebung direkt am Heldenplatz vor der Hofburg. Hier mobilisieren sozialdemokratische, grüne und zivilgesellschaftliche Organisationen. Diese Kundgebung findet direkt gegenüber vom Eingang zum Ball statt. Das „antinationale“ Bündnis NoWKR, das bis zum letzten Jahr eine eigene Demonstration organisiert hatte, hat sich aufgelöst. Einzelne Gruppen aus dem Bündnis schließen sich 2016 der Demo der OGR an.
Der Ball der Burschenschaften steht diesmal unter dem Motto „Südtirol, eine Herzensangelegenheit“. Das ist nicht zuletzt deshalb bemerkenswert, weil eine der zentralen Wiener Burschenschaften, die einschlägig bekannte Olympia, in den 1960er Jahren in die Bombenanschläge von Südtirol verwickelt war. Die Mitgliederliste der Olympia reicht aktuell von Martin Graf, ehemals 3. Nationalratspräsident bis zu Alexander Markovics, dem Vorsitzenden der neofaschistischen Gruppe „Identitäre“. Als Protest gegen das Motto des Balls rufen Südtiroler Vereine in Wien unter dem Motto „Unser Südtirol geht euch nichts an“ zur Demo der OGR auf.
Die OGR organisiert im Anschluss an die Demo außerdem drei Kundgebungen. Bei der Herrengasse, bei der Mariahilferstraße/Babenbergerstraße und am Karlsplatz sollen Stand-Kundgebungen stattfinden; beim Parkring und am Kohlmarkt, wo in den vergangenen Jahren viele Burschenschafter zugefahren sind, liegen keine Anmeldungen vor.
Es gibt auch Pro-Kundgebungen zum Akademikerball aus dem Burschenschafter-Bereich. Insgesamt liegen hier laut Polizei 4 Anmeldungen an 11 Standorten vor, die meisten davon in der Sperrzone. Es ist aber eher davon auszugehen, dass es sich hier um Pro-Forma-Anmeldungen handelt, die der Absicherung von Plätzen dienen sollen. Eine Ausnahme könnte die Kundgebung am Ballhausplatz sein, die direkt vor dem Eingang zur Hofburg angemeldet ist. Diese Kundgebung ist in unmittelbarer Nähe von „Jetzt Zeichen setzen“. Hier könnte es zu Aufeinandertreffen kommen.