Die Debatte in der SPÖ dreht sich derzeit fast ausschließlich um neue Strukturen. Doch wo bleiben die Inhalte?
In der aktuellen Führungsdebatte in der Sozialdemokratie wird fast ausschließlich über die Veränderung der Strukturen diskutiert. Wichtige FunktionärInnen wie die Bundesgeschäftsführung müssten gewählt werden, heißt es bei den einen. Auf Parteitagen dürften keine hauptamtlichen MitarbeiterInnen der SPÖ mehr delegiert werden, fordern die anderen.
Doch die gesamte Debatte wird aktuell komplett inhaltsleer geführt. Wofür etwa die (Noch?-)Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner politisch steht, ist weiterhin komplett unklar.
Klar ist nur, dass sie ihren Frieden mit dem rechten SPÖ-Flügel und der Gruppe rund um Ex-Kanzler Werner Faymann gemacht hat. Exemplarisch dafür stehen der neue Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch und ihre Nähe zur zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures. Beide stammen wie Faymann aus Wien-Liesing und gelten als VertreterInnen der parteiinternen „Faymann-Partie“.
Ex-Fremdenpolizist Hans Peter Doskozil steht bekannt weit rechts. Er führt im Burgenland auch nach Ibiza weiter unbeirrt seine Koalition mit der FPÖ, nachdem sogar die ÖVP die Koalition mit den Freiheitlichen beendet hat.
Kritiker Max Lercher verteidigt unter anderem den Rechtsextremen Jörg Haider, der würde „heute wahrscheinlich SPÖ wählen“. Im Jänner 2018 kritisierte er ÖVP und FPÖ gar von Rechts dafür, dass diese „150.000 zusätzliche Zuwanderer ins Land“ holen würden.
Medien-Manager und SPÖ-Hoffnung Gerhard Zeiler meint, der Slogan „Menschen statt Konzerne“ sei eine falsche Polarisierung. Er schlägt vor, die SPÖ solle eine Minderheitsregierung von Sebastian Kurz unterstützen.
Die Parteilinke versucht inzwischen, demokratiepolitsche Forderungen in die Diskussion einzubringen. Doch es gibt keine Strukturen und viele der AktivistInnen – vor allem aus den Jugendorganisationen – sind ökonomisch vom Parteiapparat abhängig.
Der letzte Versuch eigenständiger linker Strukturen, die Partei-Initiative Kompass, ist krachend gescheitert. Um wirkmächtig zu werden, bräuchte die Parteilinke zweifellos dringend vor allem einmal ein eigenständiges Auftreten.
Wer weiß noch, wofür die SPÖ steht?
Zwischen 1970 und 2000 und zwischen 2007 und 2017 stellte die SPÖ den Kanzler. Bemerkenswert dabei ist, dass heute wohl kaum ein/e aktuelle SPÖ-PolitikerIn gern ein gemeinsames Photo mit den letzten drei SPÖ-Kanzlern Gusenbauer, Faymann und Kern wollen würde. Alfred Gusenbauer ist heute schwerreicher und dubioser Lobbyist, Werner Faymann war parteiintern nicht mehr tragbar, Christian Kern offenbar zu schwach.
Die Politik, die alle drei – und ihre Vorgänger – verantworten, hat die SPÖ dorthin gebracht, wo sie heute steht. Koalitionen mit der ÖVP, wo die ÖVP ihre Programme oft durchsetzen konnte, während die SPÖ die Gewerkschaften ruhig hielt. Gleichzeitig der Versuch, mit rassistischen Positionen die FPÖ in Zaum zu halten – ein Versuch, der krachend gescheitert ist.
Wenn Rassismus salonfähig ist, wählen die Menschen offenbar doch lieber das (extrem) rechte Original und nicht die sozialdemokratische Kopie. Die Folge: Die SPÖ rinnt aus. Wer es rechts will, wählt FPÖ oder ÖVP. Wer eine fortschrittlichere und soziale Politik sucht, wählt Grün oder jüngst in der Steiermark die KPÖ.
Eine Debatte, die sich ausschließlich darum dreht, wie nun etwa der nächste Parteitag der SPÖ zusammengesetzt ist, führt da eindeutig zu kurz. Es führt kein Weg an einer Debatte über die Inhalte vorbei.
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